Datengesteuertes Arbeiten lässt sich nicht erzwingen, man entwickelt sich dahingehend und in jedem Fall muss man dran bleiben.

Wie werden Marken heute datenorientierter? Sie setzen neue Tools ein und nehmen auf der Grundlage ihrer Daten und Analysen scrittweise Änderungen vor.

Da der E-Commerce immer wettbewerbsintensiver wird, ist jetzt ein guter Zeitpunkt für Marken, um eine datenzentrierte Kultur aufzubauen und die Tools zu implementieren, die sie benötigen, um in einem überfüllten Markt erfolgreich zu sein. Dies kann ihnen helfen, datengestützte Entscheidungen über die Analyse der Customer Journey zu treffen und letztendlich die Kundenzufriedenheit zu verbessern.

Wir haben mit Datenguru Mathieu Staat gesprochen, Digital & Customer Marketing Director EME bei Sephora, einer führenden Kosmetikmarke, die in den letzten Jahren immer datengetriebener geworden ist und sich bei der Einführung ihres beliebten Loyalty Programms Beauty Insider stark auf Daten verlassen hat. 

First-Party-Daten, Datenschutz, Customer Experience – wir haben Staat gefragt, wie sich Daten auf Unternehmen und ihre Kunden auswirken können und wie Sephora Daten nutzt, um die eigenen Fans zu begeistern: 

Wie helfen Daten dabei, bessere Kundenerlebnisse in der Kosmetikbranche zu schaffen?

Bei Sephora unterstützen Daten sechs verschiedene Säulen, die für uns entscheidend sind. Da ist zunächst ihr Beitrag zur Werbung. Mit Daten lässt sich jetzt alles optimieren: Targeting, aber auch Suppressions, die Identifikation neuer Kundensegmente, das Setzen der richtigen Incentives und Trigger zur richtigen Zeit, damit Kunden wiederkommen.

Hinzu kommt die Optimierung der Touchpoints, sowohl online als auch offline. Die Daten dienen als “Eisbrecher” für die Customer Journey und ermöglichen eine Personalisierung der Beziehung unabhängig davon, über welchen Kanal der Kunde mit der Brand in Kontakt kommt. Daten ermöglichen es, Inhalte und Angebote, die unsere Kunden im Geschäft und online sehen, wesentlich relevanter zu gestalten.

Was den Kundenservice angeht, gibt es viele Fortschritte, er ist viel effizienter geworden. Unsere Tools ermöglichen es, durch automatische Interaktionen sofort zu reagieren, ohne den Kundenservice kontaktieren zu müssen: dynamische FAQs, Bots etc. Natürlich gibt es Grenzen. Bei Bedarf werden Anfragen durch den Kundenservice geregelt.

Wie gehen Sie mit den wichtigen Aspekten Datenschutz und Sicherheit um?

Alles geschieht natürlich immer unter Berücksichtigung der DSGVO-Richtlinien. Alle Daten sind geschützt und wir stehen ganz klar für “Privacy first”. Der Zugang zu den Daten wird kontrolliert, zum Beispiel sind keinerlei Bankdaten zugänglich. Und da wir unsere Innovationen, insbesondere in Bezug auf biometrisches Bezahlen, weiter vorantreiben wollen, bedeutet dies natürlich auch den Sicherheitsaspekt dieser Zahlungen zu bedenken, in diesem konkreten Fall gemäß der PSD2.

Ich glaube, es bleiben noch drei der sechs Säulen zu besprechen…

Genau! Und keine unwichtigen… Daten beeinflussen auch die Preisgestaltung, das Angebot und die Lieferung, insbesondere im Hinblick auf Forecasts. Unser Algorithmus kann die Anzahl der Bestellungen basierend auf Daten zu aktuellen und bevorstehenden Kampagnen, Saisonalität, neuen Produkten usw. vorhersagen. Natürlich gibt es hier Grenzen bei der Einkalkulierung von Unvorhergesehenem und externen Faktoren. Das haben wir besonders bei der Pandemie gesehen. Menschliche Anpassungen sind und werden daher immer notwendig sein.

Und schließlich die sechste Säule: Analysen. Funktioniert meine Strategie? Wie entwickelt sich die Conversion Rate?

Die wachsende Rolle von Daten in Unternehmen führt unweigerlich zu organisationalen Veränderungen. Wie sieht das bei Sephora aus?

Ehrlich gesagt sehr gut. Wenn man mit Präzision vorgeht, sind alle zufrieden. Außerdem muss man bedenken, dass Daten nicht alles alleine können. Es gilt eine Balance zu finden. Am besten funktioniert der Mittelweg zwischen manuell und automatisch, es wird immer eine Portion Menschlichkeit nötig sein!

Was ist der größte Vorteil einer datenorientierten Unternehmenspolitik?

Ich trete vielleicht offene Türen ein, aber Daten sind eine riesige Goldmine! Sie ermöglichen es Kunden zu verstehen, sich anzupassen, zu antizipieren und sich zu differenzieren. Dank dieser 360°-Daten sind unsere Treueprogramme sehr effizient.

Wie misst man den Einfluss von Daten?

Die reine Aggregation von Informationen ist nutzlos, wenn man nicht daraus lernt und praktikable Ansätze daraus entwickelt. Die Daten machen es möglich, sowohl Pain Points als auch besonders positive Elemente zu identifizieren. Ausgehend davon priorisieren wir Optimierungen und analysieren die Auswirkungen der getätigten Investitionen sowohl für das Unternehmen (Conversions) als auch für Kunden (Zufriedenheit).

Dies macht sich auch im Marketingbudget bemerkbar. Indem wir einige Aspekte optimieren, reduzieren wir die Kosten dieser. Aber vor allem messen wir die Auswirkung der Datennutzung auf Basis der gesteigerten Kundenzufriedenheit, die wir durch die Verbesserung der Customer Journeys erzielen – egal ob online oder im Geschäft.

Stichwort Kundenzufriedenheit: Wie messen Sie diese?

Wir verwenden Journey-Analyse-Tools wie Contentsquare und führen viele A/B-Tests durch. Darüber hinaus werden zahlreiche quantitative und qualitative Studien durchgeführt. Es ist wichtig, dem NPS zu folgen und Panelbefragungen durchzuführen. Panels sind vor allem notwendig, um die Reibungspunkte und Treiber von Conversions oder Omnichannel-Erlebnissen schnell zu verstehen – all das sowohl digital als auch physisch. Die Beobachtung der Kundenzufriedenheit ist der Schlüssel, insbesondere zur Steigerung der Conversion Rate.

Welchen Rat würden Sie Marken geben, die datengetriebener arbeiten wollen?

Man muss mit den Datenmengen aufpassen, beim Durchsuchen kann man sich leicht verlieren und dann nicht viel finden. Es ist wichtig, Ziele zu setzen und konkrete, umsetzbare Insights aus den Daten zu ziehen. Ziel bleibt es, bestimmte KPIs oder die Kundenzufriedenheit verbessern zu können und damit die Maßnahmen zu quantifizieren.

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Wir hören immer mehr über Digital Native Vertical Brands, von denen einige entschieden haben, ihre Daten selbst zu sammeln. Was denken Sie darüber?

First-Party-Daten werden in der Tat immer wichtiger für Marken. Das ist auch unser Ansatz. Bei Sephora wollen wir immer weniger abhängig von Drittanbietern sein und müssen das spätestens seit dem Ende der Third-Party-Cookies auch werden. Dank unseres Adservers haben wir zum Beispiel die direkte Kontrolle über die gesammelten Daten.

Dies wirft die Frage nach der Speicherung der Daten und der Vielzahl von Speicherorten auf. Bisher konnten das Sammeln von Daten und der Zugriff darauf komplex sein. Wir hosten jetzt einen sehr großen Teil unserer Daten in Europa auf der Google Cloud Platform. Unsere Kundendaten werden nicht zu kommerziellen Zwecken an Dritte weitergegeben. Wie viele andere Brands wollen wir unserer Daten in einem einzigen zentralisierten, skalierbaren und leicht nutzbaren Ökosystem effizient und nach unseren eigenen Bedürfnissen verwalten.

Ein paar letzte Worte zu Cookies. Wir sprechen immer mehr über ihr Verschwinden, was ändert sich dadurch für den E-Commerce?

Generell bin ich mir nicht sicher, ob sich so viel ändern wird. Die menschliche Kreativität kennt keine Grenzen, es wird andere Lösungen geben!

Wir werden weggehen von einem Marketing der Präzision hin zum Predictive Marketing, wo First-Party-Daten zunehmend an Bedeutung gewinnen. Wir werden uns anpassen, es wird neue Modelle geben, durch die wir der Sammlung von Daten mehr Sinn für den Kunden verleihen können. In Deutschland zum Beispiel hat Sephora ein Loyalty Programm „Sephora unlimited“ ins Leben gerufen, wo das Teilen von persönlichen Daten mit Punkten bewertet wird. Die Datensammlung entwickelt sich weiter in Richtung einer Win-Win-Situation, bei der die Beziehung umgekehrt und das Bereitstellen von Daten belohnt wird. Letztendlich ist es die Loyalität zur Marke, die im Fokus steht.